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#StoryFriday: Yusuf aus Somalia

Beim #StoryFriday erzählen wir freitags Geschichten von Menschen, die aus schwierigen Verhältnissen stammen und von Chancengleichheit profitiert hätten. Heute mit Yusuf:


Mein Name ist Yusuf und ich bin 25 Jahre alt. 1992, als ich gerade ein Jahr alt war, ist meine Mutter mit meiner älteren Schwester und mir nach Deutschland geflüchtet. Mein Vater ist zwei Jahre später nachgereist. Heute sind wir eine zehnköpfige Familie. Meine Eltern und meine sieben Geschwister.



Meine Eltern haben beide einen Hochschulabschluss in Ägypten absolviert, der jedoch keinerlei Wert in Deutschland besitzt, deshalb wollten sie umso mehr, dass ihre Kinder etwas in Deutschland erreichen. Jedoch war der Weg bis dahin sehr, sehr schwer. Wir sind sehr arm aufgewachsen, denn damals hatten Flüchtlinge noch viel weniger Rechte als heute. Mein Vater durfte jahrelang nicht arbeiten, woraufhin er in sehr schwere Depressionen geriet. Daraus folgte, dass meine Mutter uns quasi alleine aufziehen musste.



Die Chance, damals als Flüchtling etwas zu erreichen, war nicht besonders groß. Ich habe nach der Grundschule eine Empfehlung für die Realschule bekommen. Mir wurde es aber fast verwehrt, weil manche Eltern der Ansicht waren, dass ein Flüchtlingskind nichts auf der Realschule zu suchen hat und zu den anderen Migranten auf die Hauptschule soll. Gott sei Dank gab es meine Klassenlehrerin, die gemeinsam mit meinem Vater dafür gekämpft hat. Ich wüsste nicht, wo ich heute stehen würde, wenn ich damals nicht die Realschule besucht hätte. Unvorstellbar, dass das gerade einmal 15 Jahre her ist.



2009 hab ich meinen Realschulabschluss absolviert und daraufhin dann 2012 mein Fachabitur an der Fachhochschule gemeistert. Danach habe ich ein Jahr lang in der Gastronomie gejobbt, um meine Familie finanziell zu unterstützen. Im Sommer 2013 kam meine Zusage fürs Ingenieursstudium an der Hochschule in Tuttlingen. Jetzt lebe ich in Köln und fange nächstes Semester an, an meinem Bachelor zu schreiben, und arbeite nebenher an einem Theaterstück mit.


Noch ein paar Worte zu meiner Familie: Zwei meiner fünf Schwestern haben eine Ausbildung im ärztlichen Bereich absolviert. Eine studiert momentan Soziale Arbeit im Bereich Flüchtlingsproblematik in Mainz. Die jüngere Schwester ist derzeit in Madrid für ein dreimonatiges Praktikum, bevor sie ihr Studium in Kommunikationswissenschaften antritt. Die Jüngste fängt im September mit ihrer Ausbildung bei der AOK an. Meine beiden Brüder, die Jüngsten der Familie, stecken noch in der vorpubertären Phase und gehen noch auf die Realschule.



Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ohne die Unterstützung meiner Eltern, die alles auf Bildung gesetzt haben, wir niemals dort stehen würden, wo wir jetzt stehen. Nicht jeder bekommt gute Chancen, man darf trotzdem nicht das Ziel aus den Augen verlieren. Es wird immer passieren, dass man einem oder sich selbst Steine in den Weg legt, jedoch sollte man versuchen, sie aufzuheben oder einen anderen Weg zu nehmen, aber niemals aufhören zu laufen.




Auf dem Bild ist eine von Yusufs Schwestern zu sehen.





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