In der bildungspolitischen Auseinandersetzung steht meist die Schule als alleiniger Ort der Wissensvermittlung im Fokus. Diese Betrachtung klammert allerdings aus, dass es jenseits der Schule vielfältige Lernorte und -angebote gibt, die die Lücken im staatlichen Schulangebot schließen. Insbesondere für Kinder aus bildungsfernen Familien sind außerschulische Bildungsangebote essentiell, da hier neben Wissen auch Werte und Fertigkeiten vermittelt werden, die im familiären Alltag häufig zu kurz kommen.
Außerschulische Bildung ist ein Schlüssel für den Aufstieg sozial benachteiligter Kinder. Leider fristet die außerschulische Bildung in der bildungspolitischen Diskussion ein Schattendasein. Deshalb haben Stiftung Bildung und Gesellschaft sowie Netzwerk Chancen ins Allianz Forum am Brandenburger Tor eingeladen, um interaktiv mit Vertretern aus Politik und Praxis zu diskutieren, wie außerschulische Bildung wirkt und wie diese gestärkt werden kann.
Nach einer Begrüßung durch Dr. Volker Meyer-Guckel, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Bildung und Gesellschaft, wurde das Podium eröffnet. Unter der Moderation von Gründerin und Geschäftsführerin von Netzwerk Chancen, Natalya Nepomnyashcha, diskutierten Detlef D! Soost und Katja Suding, MdB.
Katja Suding, stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende und als solche zuständig für den Bereich Bildung, hob positiv hervor, dass die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD die Lockerung des Kooperationsverbotes im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat. Nur durch die Änderung des Grundgesetzes könne man direkt in Schulen investieren und ungleiche Bildungschancen abbauen. Im Koalitionsvertrag findet sich Suding zufolge allerdings nicht nur Positives: Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung sei nicht zu verwirklichen, da hierfür schlicht und ergreifend die nötigen Lehrer und Erzieher fehlen. Für Suding muss weit mehr in frühkindliche Bildung investiert werden, da hier die grundlegenden Sprachkompetenzen erworben werden, die den weiteren Bildungsverlauf maßgeblich prägen. Die FDP-Fraktionsvize sieht den Staat insbesondere dann in der Pflicht, wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen für Stiftungen und Ehrenamtliche zu verbessern, die außerschulische Bildungsangebote erst ermöglichen.
Detlef D! Soost stellt die Eigenverantwortung des Einzelnen und nicht staatliches Handeln in den Fokus. Für Soost, selbst im Heim und damit ohne Eltern aufgewachsen, sind Eigenantrieb und der Wille zum Erfolg die Schlüssel zum sozialen Aufstieg. Die Vermittlung von Werten, Motivation und die Förderung des Selbstbewusstseins, was in außerschulischen Angeboten auf der Tagesordnung steht, spiele in den Schulen bislang aber keine große Rolle. Soost plädiert deshalb dafür, dass das Selbstbewusstsein von Kindern und Jugendlichen in Schulen gezielt gefördert werden muss.
In der anschließenden Open Stage-Diskussion wurde verdeutlicht, dass der Staat als “Ermöglicher” fungieren muss. Er muss einerseits ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, andererseits müssen die Rahmenbedingungen für Akteure vereinfacht werden, die außerschulische Bildungsangebote anbieten.
Aus der Diskussion ergab sich der Konflikt, dass Chancengleichheit eine staatliche Aufgabe sein muss, gleichzeitig ist es schwierig für Politik, auf außerschulische Prozesse innerhalb der Zivilgesellschaft Einfluss zu nehmen. Dementsprechend konnten zwei unmittelbare Handlungsempfehlungen abgeleitet werden:
Finanzielle Förderung der außerschulischen Projektlandschaft und Stärkung der Zivilgesellschaft – auch durch Erleichterung der Rahmenbedingungen (z.B. Bürokratieabbau) für Stiftungen und Ehrenamtliche
Als Staat muss man die Kinder und Jugendlichen dort erreichen, wo man eine unmittelbare Handhabe hat: In der Schule. Dementsprechend müssen die Ganztagsangebote deutlich ausgebaut werden (z. B. Theater, Tanzen, MINT, Sport)
Im Rahmen dieser Angebote können die Kinder und Jugendlichen Fertigkeiten lernen, die sie in ihren Elternhäusern vielleicht zu wenig vermittelt bekommen.
Abschließend stellte Natalya Nepomnyashcha den beiden Speakern die Frage, welche Projekte der außerschulischen Bildung sie mit 10 Millionen Euro fördern würden.
Während Detlef D! Soost eine Akademie für Selbstbewusstsein und Erfolg ins Leben rufen würde, würde Katja Suding das Geld in Sportförderung investieren.
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