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Sandra

Chancen Lab: »Berufliche Orientierung – wie alle mitnehmen?«

Am 18.10.2017 hatte Netzwerk Chancen zum 4. Chancen Lab in 2017 geladen. Mit Vertretern von Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung, Berlin (Verwaltungsebene), Stiftung der Deutschen Wirtschaft, Stiftung Unionhilfswerk Berlin, GO! - Beratung, Coaching, Qualifizierung, Vermittlung, planZ Studienberatung, Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie TRIK - Training im Kiez wurden die Fragen diskutiert:


„Wie können Jugendliche und junge Erwachsene aus prekären Verhältnissen dabei unterstützt werden, ihre Potentiale zu entfalten?”



und



„Wie können Jugendliche und junge Erwachsene aus prekären Verhältnissen bei der beruflichen Orientierung unterstützt werden?”


Folgende Lösungsansätze wurden erarbeitet:


Hochwertige und stets abrufbare Beratung für Eltern


Das Wissen der Eltern über das Bildungssystem nimmt eine zentrale Rolle in der Bildungsbiographie ihrer Kinder ein. Es reicht daher nicht, die Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen alleine auf ihren Weg durch das Bildungssystem zu begleiten. Auch ihren Eltern müssen Ängste genommen werden, die durch Unwissenheit entstehen. Nur so kann ihr Verständnis für das deutsche Bildungssystem gefördert werden. Besonders bei jenen Jugendlichen, deren Eltern das deutsche Bildungssystem nicht selbst durchlaufen haben, besteht ein großer Bedarf an professioneller Beratung zur bestmöglichen Gestaltung der Bildungsbiographie ihrer Kinder.



Keine Anrechnung des Ausbildungsgehalts auf Sozialleistungen in Bedarfs- gemeinschaften


Ein weiteres Problem, das in der Zusammenarbeit mit Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen beobachtet werden kann, ist die niedrige finanzielle Entlohnung während der Zeit der Berufsausbildung. Aufgrund des niedrigen Ausbildungsgehalts ist besonders in Familien aus prekären Verhältnissen oft keine selbständige Entscheidung zu einer beruflichen Ausbildung möglich. Der ungelernte Einstieg in die Arbeitswelt scheint lukrativer.


In Elternhäusern, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, stellt sich die finanzielle Situation mit Bezug eines Ausbildungsgehaltes häufig komplizierter dar. In einer Bedarfsgemeinschaft kann sich das Ausbildungsgehalt auf die Höhe der Sozialleistungen, die insgesamt bezogen werden können, auswirken. Die Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen haben den Eindruck, dass sich ihre Ausbildung nicht lohnt, da ihr Gehalt gegengerechnet wird und die Bedarfsgemeinschaft so nicht wesentlich mehr oder unter Umständen sogar weniger Geld zur Verfügung hat. Das demotiviert viele Jugendliche bzw. junge Erwachsene aus prekären Verhältnissen.



Umfassende und jederzeit verfügbare Informationen zur Berufsorientierung


Die meisten Jugendlichen und junge Erwachsene sind in beruflichen Fragen orientierungslos. Viele haben nur von den Berufen der eigenen Eltern konkrete Vorstellungen. Darüber hinaus wissen sie oft nicht, welche Ausbildungsberufe es überhaupt gibt. Die Informationen, die den Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen in der Schule zur Berufswahl vermittelt werden, sind oft mangelhaft und hängen in hohem Maße vom Engagement der zuständigen Lehrkraft ab. Bundesweit einheitliche, fächerübergreifende Mindeststandards zur differenzierten Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten des deutschen Bildungssystems und der eigenen Lebensplanung sollten in jeder Schulform verpflichtend sein. Die vorhandenen Ansätze wie kurze Pflichtpraktika und das Verfassen von Berichten sind für eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema zu wenig. Andere Formen der Beschäftigung mit der eigenen Bildungsbiographie müssen gefunden und unterrichtet werden.



Vermittlung sozialer Kompetenzen an Schulen


Der Bedarf an gut ausgebildeten Arbeitskräften ist da. Genauso wie der Wille, diese auszubilden, versichern Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft. Aus ihrer Sicht ist die fehlende Berufsorientierung der Auszubildenden oft das größte Problem. Die Inhalte vieler Ausbildungsberufe sind den Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen oft nicht bekannt. Darüber hinaus herrscht oftmals an Mangel an sozialen Kompetenzen, sowie die Bereitschaft sich an einfache Regeln wie das pünktliche Erscheinen am Arbeitsplatz zu halten. Unternehmen sollten daher von Politik und Gesellschaft in ihrem Bemühen unterstützt werden Jugendliche und junge Erwachsene auszubilden. Schon jetzt erwägt eine größer werdende Anzahl an Unternehmen angesichts des hohen Aufwands und der wenigen geeigneten Bewerberinnen und Bewerber, nicht selbst auszubilden.



Flächendeckendes Mentoring


Zwar erleichtert das Engagement der Eltern die Arbeit mit den Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen mitunter enorm. Für den Fall, dass die Eltern nicht vor Ort sind oder kein Interesse an der (schulischen) Ausbildung ihrer Kinder zeigen, brauchen die jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen Mentorinnen und Mentoren, die die Aufgaben der Eltern übernehmen.



Sensibilisierung für den finanziellen Wert einer Berufsausbildung


Dabei sollte das Ziel nicht sein, möglichst viele Jugendliche und junge Erwachsene an Hochschulen zu bringen. Es fehlt vielen Schülerinnen und Schülern an Wissen darüber, dass auch eine berufliche Ausbildung einen Start in eine finanziell abgesicherte Zukunft sein kann. Eine gesellschaftliche Sensibilisierung dafür, dass eine berufliche Ausbildung einer akademischen nicht unterlegen ist, wäre wünschenswert.



Anonymisierte Bewerbungen


An der Schnittstelle zwischen dem Ende der Schullaufbahn und dem Eintritt Jugendlicher bzw. junger Erwachsener in die Arbeitswelt kommt es häufig zu typischen Schwierigkeiten beim Finden eines Ausbildungsplatzes. Unternehmen und Auszubildende kommen trotz großer Bemühungen beider Seiten nicht zusammen. Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist oft unklar, wie gut ihre Chancen sind, eine passende Ausbildung zu finden. Besonders Personen mit ausländisch klingenden Namen fühlen sich oft rassistisch diskriminiert. Anonymisierte Bewerbungen, wie sie in bspw. in den USA auf vielen Gebieten Standard sind, könnten bei diesem Problem Abhilfe schaffen.



Zugang zu positiven Vorbildern


In der Zusammenarbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen stellt deren persönliches Wertesystem eine wichtige Motivation zur persönlichen Weiterentwicklung dar. Wenn ein geeignetes Wertesystem im familiären Zusammenleben nicht besteht oder zu schwach ausgeprägt ist, kann dieses Versäumnis nicht im Rahmen einer beruflichen Ausbildung nachgeholt werden. Um den Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen ihre Möglichkeiten aufzuzeigen und Zuversicht zu vermitteln, brauchen sie mehr positive Vorbilder, die ihnen zeigen, was möglich ist. Sie sollen dadurch die Chance bekommen, aus den positiven Erfahrungen anderer Personen für ihr eigenes Leben zu lernen. Leider produziert die Gesellschaft im Moment zu viele negativen Vorbilder.



Respekt für Wünsche und Bedürfnisse von Jugendlichen


Wenn Lehrer ihren Schülern den Eindruck vermitteln, dass sie an ihre Schützlinge glauben, erbringen diese auch bessere Leistungen. Jugendsozialarbeit muss Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen demonstrieren, dass sie in ihren Wünschen und Bedürfnissen wahr- und ernstgenommen werden. Perspektiven zur persönlichen Bildungsbiografie müssen mit ihnen entwickelt anstatt für sie gefunden werden.

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