Am 8. November 2018 begrüßten DEUTSCHLAND RUNDET AUF und Netzwerk Chancen zum Kamingespräch “Fachkräftemangel: Können wir uns ungleiche Chancen noch leisten?”.
Seit Jahren herrscht in Deutschland Fachkräftemangel in beinahe allen Branchen. Gleichzeitig stehen uns ungenutzte Ressourcen zur Verfügung: Die Potenziale von tausenden von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus prekären Verhältnissen, die keine Chance auf den Berufseinstieg erhalten oder nicht die Arbeit ausüben können, die ihren Fähigkeiten entspricht. Es wird Zeit, endlich faire Bildungs- und Teilhabechancen zu schaffen. Wie das gelingen kann, diskutierten:
Martin Hikel (Bezirksbürgermeister Neukölln)
Prof. Dr. Kai Maaz (Direktor der Abteilung "Struktur und Steuerung des Bildungswesens" am Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung)
Vivien Kreipe (Personalmarketing / Nachwuchs, ALBA Group)
Achim Karatas (Fundraising, Quinoa Bildung)
Nach der Begrüßung von Nina Haensch (Geschäftsführerin, DEUTSCHLAND RUNDET AUF) führte Natalya Nepomnyashcha (Gründerin, Netzwerk Chancen) durch die Diskussion.
Bereits am Anfang berichtete Vivian Kreipe davon, dass die ALBA Group für viele Positionen nicht genügend Bewerberinnen und Bewerber findet. Schwierig sei es außerdem, überhaupt in Kontakt mit den Zielgruppen zu treten. Prof. Maaz sieht einen Grund darin, dass die Berufsorientierung an den Schulen nicht gut funktioniert. Er sprach sich dafür aus, extra Personal an Schulen einzustellen, welches sich nur um diesen Bereich Berufsorientierung kümmert. Außerdem schlug er vor, viel mehr Lehrer und Lehrerinnen auszubilden, bewusst ein Überangebot zu schaffen. So könne man in Zeiten mit wenigen Schülern und Schülerinnen mit einem viel besseren Betreuungsschlüssel arbeiten.
Wie individuelle Förderung funktioniert, erläuterte Achim Karatas von Quinoa Bildung. An der Quinoa Schule bekommen alle Schülerinnen und Schüler einen persönlichen Tutor oder eine Tutorin an die Seite gestellt. Sie unterstützen die Jugendlichen in allen Belangen. Den Weg für Unternehmen, Werbung für sich zu machen, sieht Karatas darin, Schülerinnen und Schüler in passender Sprache und über multimediale Formate direkt an Schulen anzusprechen. Berufe müssen so gezeigt werden, dass Jugendliche sofort erkennen, welchen persönlichen Nutzen und gesellschaftlichen Einfluss sie damit haben könnten.
Für Martin Hikel sind Quereinsteigerinnen -und einsteiger als Lehrkräfte Teil der Lösung, da sie neben theoretischem auch praktisches Wissen mitbringen und kurzfristig verfügbar sind. Gemeinschaftsschulen sowie Campus-Konzepte sind für ihn ebenso ein Mittel für bessere Chancen. Um Schulen besser finanzieren zu können, plädierte er dafür, das Kooperationsverbot abzuschaffen, damit der Bund Schulen finanziell unterstützen kann.
Stimmen aus dem Publikum sprachen sich dafür aus, die Ausbildungsvergütung deutlich zu erhöhen, um junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern. Eine weitere Lösung könne außerdem darin liegen, geflüchtete Lehrkräfte an deutschen Schulen einzustellen.
Alle Panelisten waren sich einig, dass wir uns ungleiche Chancen aus vielerlei Gründen nicht leisten können. Während Prof. Maaz daran erinnerte, dass frühes Fördern wesentlich günstiger sei als spätes Reparieren, argumentierte Achim Karatas, dass Ungleichheit politischer Sprengstoff sei, den wir dringend entschärfen müssen.
Bilder: DEUTSCHLAND RUNDET AUF/Uwe Steinert
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